Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, sehr geehrte Zuhörende, liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,

Noch immer befinden wir uns in einer heftig grassierenden Infektionswelle. Auch wenn seitens der Bundesregierung durch Änderungen im Infektionsschutzgesetz weitgehende Lockerungen beschlossen wurden – die Pandemie fordert uns alle – noch immer. An dieser Stelle: Danke für das Durchhalten, danke für das gegenseitige Unterstützen, danke für Rücksichtnahme und Verständnis! Das Danke ist verbunden mit der Bitte: Bleiben wir zusammen, bleiben wir achtsam gegenüber uns selbst und unseren Mitmenschen.

Seit dem 24. Februar verfolgen wir alle mit großer Sorge die Folgen des brutalen Angriffskrieges in der Ukraine, die Folgen in erster Linie für die unmittelbar durch das Kriegsgeschehen betroffenen Menschen, die durch Flucht versuchen, den barbarischen Angriffen zu entkommen. Die unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft, die wir in diesem Zusammenhang erleben dürfen, hat mich persönlich zutiefst berührt. Ich möchte mich zu Beginn meiner Rede daher im Namen der Gruppe CDU/FWS im Rat der Stadt Springe bei allen bedanken, den Ehrenamtlichen und Freiwilligen, den Hilfsorganisationen und der Verwaltung, aber auch bei jedem Einzelnen im Besonderen – die sich mit einer unglaublichen Empathie und aller Kraft für die Geflüchteten einsetzen, die in diesen Zeiten Herausragendes zusätzlich (und ich betone zusätzlich) leisten. Danke!

Richten wir nun den Blick auf den uns vorliegenden Haushaltsentwurf:
Im Dezember hatte uns Bürgermeister Springfeld stolz den Entwurf eines ausgeglichenen Haushalts vorgelegt, der „auf Kante genäht“ sei. Erreicht wurde das Ergebnis durch Kürzungen bei den Anmeldungen durch Anwendung der Eckdaten und Budgetkürzungen um 10%. Die Politik ging in die Beratungen mit der dringenden „Empfehlung“ der Verwaltung, bei Änderungswünschen seitens der Politik Finanzierungsvorschläge zu liefern.

Wo stehen wir in 2022?

Die dem Entwurf zugrunde gelegten positiven Annahmen zu den Einnahmen basierten auf einer stark vom Orientierungsrahmenerlass abweichenden Einschätzung auf der Basis der Steuerschätzung im Mai 2021. Vor allem die optimistischen Aussagen zur Gewerbesteuerentwicklung nach einer hohen erwarteten Einmalzahlung in 2021 fallen im Entwurf auf – in der Entwicklung lag Springe immer unter dem Median aller Kommunen, zum Teil sogar deutlich. Hier bleibt zu wünschen, dass die optimistische Annahme der Verstetigung der hohen Gewerbesteuereinnahmen sich bewahrheitet. Die Daten der Steuerschätzung aus dem November bestätigen zunächst die positiven Annahmen bzgl. der Entwicklung im Bereich der Einkommensteueranteile.
Einzahlungen aus Straßenausbaubeiträgen (2.000.000,00 € – so waren sie im Haushaltsplan 2021 für die folgenden Jahre in der Finanzplanung ursprünglich veranschlagt) finden sich nicht im Entwurf, begründet wird dieses mit Unsicherheiten, vor allem durch noch ausstehende Urteile; gleichwohl sind umfangreiche Straßenbaumaßnahmen im Zusammenhang mit dem Kanalbau in Bennigsen und dem weiteren Ausbau des Fernwärmenetzes im Stadtteil Springe geplant.
Nicht eingeplant werden konnten bei der Entwurfserstellung die eklatant gestiegenen Energiekosten, sowie die weiter deutlich gestiegenen Kosten der Baustoffe, ganz abgesehen von den noch nicht zu beziffernden Mehraufwendungen, die sich durch die Unterbringung und Versorgung von Kriegsflüchtlingen ergeben werden.
Kredite für Investitionen sind am Ende der Beratungen mit rund 31 € Millionen veranschlagt, ein Drittel des Haushaltsvolumens– zum Vergleich: die Stadt Celle veranschlagt bei gleichem Investitionsrückstau 10 Millionen € – hier stellt sich für uns die Frage: sind die Maßnahmen im geplanten Umfang in Springe wirklich umsetzbar?
Das Zahlenwerk, als auch die Kennzahlen sprechen eine eindeutige, wenn auch ernüchternde Sprache. Der Ergebnishaushalt schließt am Ende der Beratungen der AG Haushaltssicherung für das Jahr 2022 mit einem Fehlbetrag von 785.000€ ab, für den ein Haushaltssicherungskonzept zum Beschluss vorgelegt wird.

Wo wollen wir hin?

Die zukünftige Entwicklung sehen wir mit Sorge: schon jetzt kennen die Diagramme für Investitionskredite, Tilgung und Abschreibung nur eine Richtung – steil nach oben. Dabei sind zum Beispiel im investiven Bereich der beschlossene (notwendige) Neubau des OHG, zukünftige Investitionen für die Feuerwehr, Kosten für die erhöhten Anforderungen beim Brandschutz , aber auch deutlich steigende Kosten für die Kinderbetreuung nach Schaffung der dringend notwendigen Betreuungsplätze in der Finanzplanung noch nicht berücksichtigt.
Richtig, jede Investition ist durch den Gegenwert z.B. der neuen Immobilie gesichert, dieser Wert hat jedoch nur bei regelmäßiger Pflege und Unterhaltung Bestand. Im vorliegenden Haushaltsentwurf ist der Ansatz für Gebäudeunterhaltung deutlich reduziert, auch bleiben z.B. die eingeplanten Mittel für Straßenunterhaltung deutlich unter den Vorgaben der Eckwerte. Unserer Erfahrungen aus den letzten Jahren, besser Jahrzehnten zeigen, dass genau an dieser Pflege, an Erhaltungsmaßnahmen gespart wird, im Wettbewerb um Finanzmittel und das benötigte Personal gewinnen neue Projekte. Wir sollten bei allen Neubauten unbedingt die zukünftigen Unterhaltungsleistungen mit einplanen, um nicht wieder in diese Falle zu tappen.
Viele Machbarkeitsstudien wurden in jüngster Vergangenheit in Auftrag gegeben, vor allem auch mit Blick auf mögliche Fördergelder, die bei der Realisierung der betrachteten Projekte zur finanziellen Entlastung führen sollen. Da stellt sich dann schon die Frage, ob Maßnahmen nur wegen der Förderfähigkeit umgesetzt werden, statt Projekte zur Erfüllung der Pflichtaufgaben in der Planung zu priorisieren, für die dann evtl. auch Fördergelder beantragt werden können.
Wir müssen uns sehr ernsthaft der Frage stellen: Wie weit wollen wir uns verschulden? Eine zu hohe Verschuldung wäre ein Bremsklotz und eine Bürde für alle Handlungsspielräume zukünftiger Generationen, besteht doch die Gefahr am Schuldendienst zu ersticken. Hier Maß und Demut zu halten gehört auch zur Generationengerechtigkeit!
Die gegenwärtige Niedrigzinsphase ermöglicht uns zwar einen gewissen Handlungsspielraum – sollte uns aber auch als Warnung gelten. Warnung vor allem vor dem hohen Schuldenberg der Stadt, der sich vor uns auftürmt, und der Gefahr, dass bei steigenden Zinsen (und die Wende in der Zinspolitik deutet sich an) der Kapitaldienst nicht mehr beherrschbar sein wird.

Können wir die strukturelle Lage verbessern?
Die ersten Rufe nach einer Verbesserung und Verstetigung der Einnahmesituation durch die Erhöhung der kommunalen Steuern werden laut.
Die explodierenden Energiepreise machen derzeit allen zu schaffen. Die öffentlichen Haushalte, aber auch die privaten Haushalte werden massiv durch die extrem gestiegenen Kosten belastet, ganz zu schweigen von denjenigen, die auf Grund der ungünstigen ÖPNV-Anbindung auf das Auto angewiesen sind um täglich zur Arbeit zu fahren.
Eine Erhöhung der Grundsteuer und Gewerbesteuer zur Verbesserung der Einnahmesituation der Stadt ist für uns in diesen schwierigen Zeiten nicht vorstellbar. Dazu kommt die derzeit noch nicht genau vorhersehbare Verschiebung der Belastungen durch die Veränderung der Grundsteuer in 2025 – wir können den Bürgerinnen und Bürgern dazu derzeit keine verlässlichen Informationen liefern.

Wir befinden uns in einem Spannungsfeld zwischen einem enormen Investitionsstau – da befinden wir uns ja leider in guter Gesellschaft, wie uns die Vorlage der Verwaltung zu TOP 6.2 verdeutlicht – , den Herausforderungen des Klimaschutzes, den steigenden Anforderungen der Digitalisierung, der demographischen Entwicklung und den Herausforderungen, die als Folge des Krieges in der Ukraine auf uns zukommen. Alles wird nicht gleichzeitig zu schultern sein! Wir müssen uns auf klare Prioritäten verständigen, Begonnenes dann aber auch konsequent und möglichst zügig umsetzten, bevor neue Baustellen aufgemacht werden – hier denke ich z.B. an die Umsetzung der Baumaßnahmen der Feuerwehren in Eldagsen und Altenhagen.

Wir haben klare Prioritäten:

  • Für uns hat die Umsetzung des Projektes OHG 2030 oberste Priorität- schon viel zu lange warten die Schülerinnen und Schüler, aber auch die Lehrerinnen und Lehrer auf angemessene Unterrichtsräume. Die „Flickschusterei“ an dem Gebäude hat dem Stadtsäckel übrigens auch nicht unbedingt gutgetan.
  • Die Fertigstellung der Projekte GS Bennigsen und IGS
  • Auch bei den Anstrengungen zur Schaffung einer bedarfsgerechten Anzahl von Kinderbetreuungseinrichtungen werden wir nicht nachlassen; hier steht vor allem der Umbau der Peter-Härtling-Schule zu einer Kita im besonderen Focus, neben den geplanten Neubauten in Springe und Völksen. Eine große Herausforderung dürfte in diesem Zusammenhang die Gewinnung qualifizierten Personals für das Betreiben der Tageseinrichtungen bedeuten.
  • Die Planungen der Feuerwehrhäuser in Eldagsen und Altenhagen müssen endlich auch umgesetzt werden, die Freiwillige Feuerwehr muss auf eine Verlässlichkeit unserer Aussagen bauen können
  • Der Umfang des Vollausbaus neuer Straßen muss wir wieder auf ein finanziell und personell verkraftbares Maß zurückgeführt werden.

Fazit:

  • Springe braucht einen stabilen und strukturell nachhaltigen Haushalt!
  • Und Springe braucht mehr Demut und Zurückhaltung bei der Anmeldung neuer Projekte bzw. dem Alles-gleich-heute-machen wollen!

Die vor uns liegenden Aufgaben sind ein Marathon mit vielen kleinen Schritten und kein Sprint, bei dem man sich schon auf den ersten Metern komplett verausgabt und nicht zum Ziel kommt.
Genau daran gilt es mit allen Kolleginnen und Kollegen des Rates und mit der Verwaltung zusammenzuarbeiten.

Im Namen der Gruppe CDU/FWS im Rat der Stadt Springe bedanke ich mich abschließend bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die im Zusammenhang mit der Erstellung des Haushaltsplanes geleistete Arbeit.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Elke Riegelmann

Haushaltsrede 2022 als PDF-Download